Zur vollständigen Kleinen Anfrage 1399 (Drucksache 17/3495).

Auch die Gerichte werden durch immer mehr nicht-deutsche Muttersprachler vor neue Herausforderungen gestellt. Bei der Übersetzung von Protokollen oder im Rahmen von Vernehmungen und Zeugenaussagen ist ein Dolmetscher immer häufiger unerlässlich, da sonst die Aufklärungsarbeit im Prozess an den mangelnden Sprachkenntnissen des Angeklagten oder der Zeugen scheitern kann und ein rechtsstaatliches Verfahren somit nicht mehr gewährleistet würde. Zudem sind qualifizierte Übersetzer notwendig, um dem grundrechtsgleichen Recht auf richterliches Gehör zu entsprechen, und damit rechtsstaatliche Voraussetzung einer funktionierenden Justiz.

Hierbei ergibt sich jedoch eine ähnliche Problematik, wie in der Kleinen Anfrage 1350, da besondere Ansprüche, nicht nur an die fachliche Qualifikation, sondern auch an die Zuverlässigkeit und Neutralität, gestellt werden müssen. Wir fragten daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Richter und Urkundsbeamten der Geschäftsstellen verfügen über weitergehende Sprachkenntnisse in einer anderen Sprache als der deutschen Sprache mit dem Sprachniveau von mindestens C1 im Sinne des Gemeinsamen europäische Referenzrahmen für Sprachen (GeR) des Europarats? (Bitte aufschlüsseln nach Gericht, Sprache, Migrationshintergrund und Sprachniveau gemäß GeR)
  2. Wie häufig konnten Gerichtsprozesse ohne Heranziehung externer Dolmetscher beendet werden, weil auf Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zurückgegriffen werden konnte bzw. ein Dolmetscher aufgrund der Ausnahme von § 185 Abs. 2 GVG nicht hinzugezogen werden musste? (Bitte aufschlüsseln nach Gericht, Sprache, Migrationshintergrund und Sprachniveau gemäß GeR)
  3. Wie hoch war der tatsächliche finanzielle Umfang der externen Dolmetscher-Tätigkeiten im Vergleich zum dafür bereitgestellten Budget in den letzten fünf Jahren? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Haushaltstitel mit bereitgestelltem Budget und tatsächlich benötigtem finanziellen Umfang)
  4. Nach welchen formalen Kriterien gelten die vorzulegenden Unterlagen als geeignet, um die persönliche und fachliche Eignung eines Dolmetschers gemäß § 35 Justizgesetz Nordrhein-Westfalen sicherzustellen, um im Rahmen von Gerichtsverfahren als vereidigter Dolmetscher herangezogen werden zu können?
  5. In wie vielen Fällen stellte die Justiz in Nordrhein-Westfalen die Zusammenarbeit wegen mangelnder Integrität des Dolmetschers in den letzten fünf Jahren ein, wenn sich diese bspw. nicht neutral verhalten haben?

Die Antwort zeigt, dass die Landesregierung es auch im Bereich der Rechtsprechung versäumt, interne Sprachkenntnisse zu erfassen. Es ist davon auszugehen, dass möglicherweise vorhandene Sprachkenntnisse nicht regelmäßig abgerufen werden, sondern externe Dolmetscher herangezogen werden. Zudem werden die Kosten für externe Dolmetscher regelmäßig falsch eingeschätzt; seit einschließlich 2014 lagen die tatsächlichen Kosten jedes Jahr mindestens vier Millionen Euro über den veranschlagten Kosten.

Zur vollständigen Antwort der Landesregierung (Drucksache 17/3752).