Zur vollständigen Kleinen Anfrage 4035 (Drucksache 17/10124).

Presse berichte lassen den Schluss zu, dass der neue Bußgeldkatalog zu einem starken Anstieg der Zahl der Fahrverbote führt: So ahndete zum Beispiel die Kreispolizeibehörde Euskirchen zwischen dem 28. April 2020 und dem 25. Mai 2020 insgesamt 3.821 Verstöße und verhängte dabei 611 Fahrverbote. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres wurden hingegen 1.830 Verstöße geahndet und nur 35 Fahrverbote verhängt. Die Kreispolizeibehörde Unna spricht zudem von einer „besorgniserregende[n] Erkenntnis“. Dort wurden innerhalb von zwei Tagen, 04. Mai und 05. Mai 2020, 14 Fahrverbote verhängt. Am Pfingstmontag dokumentierte der Verkehrsdienst der Polizei im Rhein-Kreis Neuss sechs Fahrverbote.

Unlängst äußerten sich Verkehrsverbände wie der „Allgemeine Deutsche Automobil-Club e.V.“ (ADAC) über die fehlende Verhältnismäßigkeit und fehlende Differenzierung zwischen leichten, mittleren und groben Verkehrsverstößen. Der Automobilclub „Mobil in Deutschland e.V.“ dagegen bezeichnet den neuen Bußgeldkatalog als „Führerschein-Falle“. Die Unverhältnismäßigkeit wurde bereits durch das Bundesministerium anerkannt.

Ungeachtet der vielen Beschwerden und Stellungnahmen zum neuen Bußgeldkatalog ist eine weitere Debatte auf parlamentarischer Ebene nur auf Grundlage von bewertbaren Statistiken und Ergebnissen möglich. Wir fragten daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Fahrverbote wurden seit Inkrafttreten des neuen Bußgeldkatalogs 2020 im Kreis Lippe erteilt? (Bitte nach Dauer des Fahrverbotes, Land-/Kreis-/Gemeindestraße, Fahrzeugtyp und Wochentag tabellarisch differenzieren)
  2. Wie viele Fahrverbote wurden im gleichen Zeitraum analog zum Zeitraum aus Frage 1 in den Vorjahren 2019, 2018 und 2017 im Kreis Lippe angeordnet? (Bitte nach Dauer des Fahrverbotes, Land-/Kreis-/Gemeindestraße, Fahrzeugtyp und Wochentag tabellarisch differenzieren)
  3. Wie viele Verstöße durch Überschreitung der Geschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 26 bis 40 Kilometer pro Stunde wurden in den vergangenen drei Jahren (2017 bis 2019) im Kreis Lippe dokumentiert? (Bitte nach Fahrzeugtyp, Jahr und Monat auflisten)
  4. Wie viele Verstöße durch Überschreitung der Geschwindigkeit von 26 bis 30 Kilometern pro Stunde innerhalb der geschlossenen Ortschaften wurden in den vergangenen drei Jahren (2017 bis 2019) im Kreis Lippe dokumentiert?
  5. Wie viele Fahrverbote wurden auf Grund sogenannter „beharrlicher Verletzung der Pflichten“ durch Wiederholung innerhalb von 12 Monaten in den vergangenen drei Jahren 2017 bis 2019) im Kreis Lippe verhängt? (Bitte nach Dauer des Fahrverbotes, Land-/Kreis-/Gemeindestraße, Fahrzeugtyp und Wochentag tabellarisch differenzieren)

Aufgrund einer fehlenden statistischen Erfassung konnte die Landesregierung die Fragen leider nicht in der gefragten Aufschlüsselung beantworten. Es zeigt sich jedoch, dass die Zahl der Fahrverbote seit Inkrafttreten des neuen Bußgeldkatalogs 2020 massiv gestiegen sind: Im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2017 gab es mit dem neuen Bußgeldkatalog fast dreimal mehr Fahrverbote, im Vergleich zu den Jahren 2018 und 2019 kam es sogar zu einer knappen Vervierfachung. Ob schon die Regelung bezüglich der „beharrlichen Verletzung der Pflichten“ ausreichend waren, um die Zahl der hohen Geschwindigkeitsverstöße zu verringern, lässt sich aufgrund der fehlenden statistischen Erfassung nicht bewerten.

In Anbetracht der anstehenden Neuregelung der Straßenverkehrsordnung aufgrund der teilweisen Nichtigkeit der Verschärfung, müssen diese Daten nun dringend statistisch aufgearbeitet werden, um eine faktenbasierte parlamentarische Debatte zu ermöglichen.

Zur vollständigen Antwort der Landesregierung (Drucksache 17/10524).