Zur vollständigen Kleinen Anfrage 4516 (Drucksache 17/11310).

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen ist gleichermaßen Gericht wie auch Verfassungsorgan. Die Zuständigkeiten des Verfassungsgerichtshofes sind sowohl in der Landesverfassung als auch in dem Gesetz über den Verfassungsgerichtshof festgelegt. Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof war lange Zeit hindurch vor allem als sogenannter Staatsgerichtshof organisiert und behandelte vorrangig staatsorganisationsrechtliche Streitigkeiten.

Seit dem 01. Januar 2019 können die Bürger in Nordrhein-Westfalen ihre Grundrechte und ihre grundrechtsgleichen Rechte durch die Individualverfassungsbeschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen geltend machen. Besonders in einer Zeit, in der die Landesregierung Grundrechte per Verfügung einschränkt oder aufhebt, ist diese Funktion von besonderer Bedeutung und Wichtigkeit.

Wir fragten daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Verfahren sind seit dem 01.01.2019 vor dem Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen insgesamt anhängig bzw. erledigt worden? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, jeweiliger Zuständigkeit – wie Organstreitigkeit, abstrakte Normenkontrolle, konkrete Normenkontrolle, kommunale Verfassungsbeschwerde, Individualverfassungsbeschwerde etc., Art der Erledigung, bspw. Urteil, Klagerücknahme etc.)
  2. Wie hoch werden die Personalmittelansätze des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen für den kommenden Haushalt 2021 eingeschätzt? (Bitte aufschlüsseln nach etwaigen Abordnungen, Planstellen und deren jeweiliger Wertigkeit)
  3. Hat sich der geplante Personalansatz nach Einführung der Individualverfassungsbeschwerde als ausreichend erwiesen?
  4. Wie hoch werden die Sachmittelansätze des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen für den kommenden Haushalt eingeschätzt? (Bitte aufschlüsseln nach Sachmittelansätzen für Geschäftsbedarf, Kommunikationseinrichtungen, Ausstattungsgegenstände, nach Miete und Pacht, Bewirtschaftung von Gebäuden und Grundstücken, Gebühren und Auslagen etc.)

Die Antwort der Landesregierung zeigt, dass die Individualverfassungsbeschwerde von den nordrhein-westfälischen Bürgern genutzt wird. Im Jahr 2019, also dem Jahr der Einführung, kam es schon zu 92 Individualverfassungsbeschwerden. Im aktuellen Jahr wurde diese Zahl schon übertroffen: So kam es bis zum 22. Oktober 2020 zu 163 Individualverfassungsbeschwerden. Dabei scheint der Verfassungsgerichtshof jedoch ausgelastet zu sein: 2019 wurden 50 eingegangene Individualverfassungsbeschwerden nicht erledigt, und bis zum Stichtag 22. Oktober wurden 2020 auch nur 118 Individualverfassungsbeschwerden erledigt.

Es ist also die Situation eingetreten, vor der wir bei der Einführung der Individualverfassungsbeschwerde gewarnt haben: Das Personal reicht nicht aus, um eine effektive und zeitnahe Bearbeitung der Fälle zu garantieren. Der Landtag muss nun dafür Sorge tragen, dass eine ausreichende personelle Ausstattung des Verfassungsgerichtshofs sichergestellt wird, damit die nordrhein-westfälischen Bürger weiterhin ihre Grundrechte effektiv verteidigen können.

Zur vollständigen Antwort der Landesregierung (Drucksache 17/11645).