Zur vollständigen Kleinen Anfrage 4764 (Drucksache 17/12177).
Am 4. Oktober 2020 griff Abdullah al-H. H. in Dresden ein Paar aus Nordrhein-Westfalen mit Küchenmessern an und verletzte sie schwer. Eines der Opfer starb später. Der Mann war als gefährlich eingestuft, galt schon im Gefängnis als radikaler Islamist und wurde nach seiner Entlassung observiert.
In der Wiener Innenstadt schoss am Abend des 2. Novembers 2020 ein Angreifer um sich. Mindestens vier Passanten starben, darunter eine Deutsche. 22 Menschen sind verletzt, zum Teil schwer. Einige von ihnen schweben noch in Lebensgefahr. Der österreichische Innenminister sprach nach dem Anschlag von islamistischem Terror.
Die Attentäter von Dresden und Wien waren nicht nur polizeibekannt, sie hatten auch bereits Haftstrafen verbüßt; ihre Sympathien zum sog. „Islamischen Staat“ waren den Sicherheitsbehörden bekannt, und sie standen nach ihrer Entlassung unter „Beobachtung“ bzw. wurden observiert.
In deutschen Gefängnissen sitzen zurzeit weit über 100 Islamisten ein, 17 davon allein in Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfahlen. Das Strafgesetzbuch sagt in seinem Paragraphen 57 Abs. 1, dass eine Reststrafenaussetzung (vorzeitige Haftentlassung) nach 2/3 der Strafvollstreckung erfolgen soll, wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann. Wir fragten daher die Landesregierung:
- Wie viele Gefangene mit islamistischen und islamistisch-terroristischen Bezügen wurden seit dem Jahre 2015 bis heute aus NRW-Justizvollzugsanstalten entlassen?
- Wie viele Gefangene mit islamistischen und islamistisch-terroristischen Bezügen wurden seit dem Jahre 2015 bis heute vor Verbüßung ihrer Gesamtfreiheitsstrafe vorzeitig aus der Haft entlassen? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Gesamtfreiheitsstrafe und tatsächlicher Freiheitsstrafe.)
- Wie viele der 17 Personen mit islamistischen und islamistisch-terroristischen Bezügen in NRW-Justizvollzugsanstalten (JVA) werden bis zum Jahre 2025 voraussichtlich aus der Haft entlassen?
Die Landesregierung scheint die Zahlen verschleiern zu wollen: So listet sie als Antwort auf die zweite Frage alle Entlassungen aus nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten auf, das heißt auch Entlassungen aus der Untersuchungshaft. Rechnet man Entlassungen aus der Untersuchungshaft heraus und nimmt Abschiebungen als nicht vorzeitig entlassen an, erhält man, dass zirka 57 Prozent der Verurteilten mehr als ein halbes Jahr vor regulärem Haftende entlassen wurden. Im Durchschnitt wurden diejenigen, die nicht aus der Untersuchungshaft entlassen wurden oder abgeschoben wurden, zirka neun Monate vor Ablauf des errechneten Entlassungsdatums entlassen. Es bleibt zu hoffen, dass das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit entsprechend berücksichtigt wurde.
Zur vollständigen Antwort der Landesregierung (Drucksache 17/12328).